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Am schwarzen Busch

Neulich bin ich mit dem Fahrrad in der Feldmark von Koldingen nach Ruthe unterwegs gewesen. Direkt an einem Feldweg, etwa 700 Meter vor dem Forschungsinstitut Ruthe, stehen dort zwei oder drei Linden, ein paar Büsche und ein sogenannter Sühnestein. Eine Erklärungstafel weist darauf hin, dass dieser Ort „Am schwarzen Busch“ heißt. Die Legende erzählt, dass hier einmal ein Raubritter gestellt, halb totgeschlagen wurde und anschließend verkehrt herum an einem Ast der dortigen Linde aufgehängt wurde. Ein befreundeter Ritter aus Ruthe fand den Getöteten und am Ort der Hinrichtung wurde ein Sühnestein aufgestellt. Seitdem soll die Gegend nicht ganz geheuer sein und es soll dort auch spuken.

Was steckt hinter der Geschichte? Auffällig ist erstmal wieder der Name des nahe gelegenen Dorfes Ruthe. Ruthe wurde erstmalig als Rothun erwähnt und wieder einmal treffen wir auf die germanische Rechtsrune, wie wir sie schon in Rössing (Rotthingun), Rote Erde (Westfalen, Land der Feme), Robin Hood, Verfassungsrichter tragen rote Roben, etc. gefunden haben. Die ganzen Rot Orte haben nichts mit der Farbe zu tun, sondern verweisen verschlüsselt auf Gerichtsorte. Ruthes Name leitet sich also wieder einmal von einem germanischen Gericht her.

Diese Wortspielereien und Doppeldeutigkeiten unserer Vorfahren in Bezug auf die Rechtsaltertümer finden wir regelmäßig. Nehmen wir die Farbe grün. Der Gründonnerstag war Tag der Gerichtsverhandlung. Der Donnerstag/Thursday ist Thorstag. Thor zeichnet sich durch seinen Hammer aus und noch heute verbinden wir den Hammer mit der Autorität eines Richters. Wenn man sich streitet, zieht man vor Gericht. Daher kommt der Ausdruck „sich nicht grün sein“. Grün deutet also ebenfalls wie rot auf ein Rechtsinstrument hin. Oft findet man in der Nähe der alten Thingplätze Gasthäuser mit Namen wie Grünlinde, Zur grünen Linde, Zum grünen Jäger, etc. Die Figur Jesus hatte zu viele Leute, die ihm nicht grün waren und ihn am Gründonnerstag nach dem letzten Abendmahl vor Gericht zerrten. Interessant ist auch wieder die Doppeldeutigkeit von Mahl. Wir verbinden es heute in der Regel mit Nahrungsaufnahme. Aber Mal ist auch ein anderer Begriff für Thing.

Wie sieht es mit blau aus? Laut Wikipedia konnten Gerichtssteine u.a. auch die Form eines Kreuzes aufweisen und wurden regional auch als Blaue Steine bezeichnet. Sie kennzeichneten Stätten der Blutgerichtsbarkeit, wo nach altgermanischen Recht geurteilt wurde. Die Verbindung Blau, blue, Blut fällt ins Auge.

Der "Sühnestein" mit dem Petruskreuz

 

Was ist nun der schwarze Busch? Wenn es schlecht um die Chancen eines Beschuldigten steht, dann kann man ihm vorab schon mal sagen: „Ich sehe schwarz für dich“. Laut Ortsnamenforscher Rainer Schulz ( Die wahre Bedeutung der deutschen Ortsnamen – sehr wertvolles Buch) handelt es sich bei den Schwarzorten wie Schwarzenberg, Schwarzbach, Schwarzrode, etc. ebenfalls um Gerichtsstätten, bei denen es, ähnlich wie bei den Blauen Steinen, um Kapitalverbrechen ging. Der Beschuldigte hatte sich dort zu verantworten. Er hatte quasi den schwarzen Peter.

Der schwarze Busch bei Ruthe ist somit ein alter Thingplatz. Daher finden wir dort die Linde und den Sühnestein. Der ist natürlich kein Sühnestein, sondern der alte Gerichtsstein, der noch heute genau wie die Gerichtslinden den Ort als Thingplatz kennzeichnet. Der Gerichtsstein am schwarzen Busch ist besonders auffällig, da er das Petruskreuz, das umgedrehte Kreuz, darstellt. Es ist niedersachsenweit einmalig. Petrus/Peter heißt Stein. Dieser angebliche Sühnestein ist ein Hinweis auf den schwarzen Peter, den schwarzen Gerichtsstein, also das schwarze Gericht. Wer den „schwarzen Peter“ hatte, musste sich am schwarzen Busch bei Ruthe verantworten.

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