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Die Hunnen!

In den letzten beiden Artikeln habe ich versucht nachzuweisen, dass es sich bei den Hunnen nicht um ein asiatisch nomadisches Reitervolk, sondern um Germanen gehandelt hat. Wir müssen nun noch abschließend der Frage nachgehen, um welche „heterogen zusammengesetzte Gruppe“ es sich handelt und was das „prestigeträchtige“ an der Bezeichnung Hunnen ist.

 

Wie ich schon dargelegt habe, bezeichneten die Germanen ihre militärischen Einheiten zur Landnahme u.a. nach ihren Waffen. Diese Namen übertrugen sie in den eroberten Ländern auf die sich neu entwickelnden Stämme (z.B. Franken/ Franziska). Aber auch die Funktion konnte dazu führen, dass der Name übertragen wurde. So finden wir die Markomannen entlang der Donau als Schützer der Grenzmarken gegen Rom oder die Alemannen als Sammelbezeichnung „aller wehrfähigen Männer“ (Wikipedia) zwecks bevorstehender Landnahme entlang der Rheingrenze. In der Regel handelte es sich bei diesen Gruppen um den Geburtenüberschuss beider Geschlechter der verschiedenen germanischen Stämme. Sie werden in der Literatur auch als Jungmannschaften bezeichnet.

 

Schauen wir uns unter diesem Gesichtspunkt den Verlauf der römisch germanischen Geschichte nach dem Zeitenwechsel an. Die Germanen hatten unter Arminius die Besetzung ihres Landes durch die Römer erfolgreich beendet. In der Folge zogen sich die Römer hinter Rhein und Donau zurück und bauten gegen Germanien den 550 km langen Grenzwall Limes. Hier sei am Rande erwähnt, dass der Limes in erster Linie nicht zum Schutz seiner Bewohner gebaut gewesen sein wird, sondern um die Flucht der Bewohner aus dem Römischen Reich heraus zu unterbinden. Die römische Wirtschaft beruhte auf Ausbeutung und Sklaverei und es ist daher eine logische Schlussfolgerung, dass viele Römer sich auf den Weg ins freie Germanien gemacht haben werden. Ein ähnliches Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit war die scharf bewachte innerdeutsche Grenze. Auch sie wurde den Bürgern der DDR als Schutzwall verkauft.

Der Limes – Schutzwall gegen Germanien?

 

Die Grenzen waren somit im 1. Jahrhundert vorerst abgesteckt. Danach lebte man gut 200 Jahre mal friedlich mal kriegerisch nebeneinander her. Römern wie Germanen wird klar gewesen sein, dass zwischen ihnen ein dauerhaft friedliches Miteinander aufgrund der unterschiedlichen Systeme unmöglich war.

 

Um 250 n. Zw. starteten die Germanen erstmals eine größere Offensive.  Die Goten überschritten die Donau und griffen die Ostflanke des Römischen Reiches an, was in die Geschichte als „Gotensturm“ eingegangen ist. Gleichzeitig kam es im Westen an der Rheingrenze zum „Alemannensturm“. Der Zeitpunkt der Angriffe war bestens gewählt, da sie das Römische Reich während der Reichskrise des 3. Jahrhunderts trafen. Das ist ein eindeutiges Zeichen dafür, dass die Germanen sehr genau über die Vorgänge im Römischen Reich unterrichtet waren und dass es eine übergeordnete, koordinierende Führung bei den Germanen gegeben haben muss. Der Angriff war eine Absprache oder ein Auftrag dieses Bündnisses. Ich werde dieses Bündnis im Folgenden der Einfachheit halber Bund/Bundesführung nennen. Das Ergebnis dieser Offensive war, dass der Limes fiel, und das Land bis zu den Alpen von den Germanen in Besitz genommen wurde.

 

Die Alemannen waren laut Wikipedia „durch ein Zusammenwachsen von Gefolgschaften, Familiengruppen und einzelnen Menschen verschiedener Herkunft“ entstanden. Über die Goten finden wir ebenda: „Es wird oft angenommen, dass die Goten aus dem Zusammenschluss unterschiedlicher Stämme entstanden.“ Es bleibt festzuhalten, dass die Alemannen und die Goten, die den ersten großen Angriff auf Rom führten, Zusammenschlüsse unterschiedlicher germanischer Stämme waren und dass dieser Angriff koordiniert erfolgte.

 

Vor dem zweiten großen Angriff auf Rom, muss es Streitigkeiten innerhalb des Bundes gegeben haben. Offenbar wiedersetzten sich die Goten unter Ermanarich den Plänen der Bundesführung, Rom anzugreifen. Nun traten 375 die Hunnen in die Geschichte ein. Sie setzten die Goten unter Druck. Ermanarich wurde von ihnen besiegt und abgesetzt. Ein Jahr später beging er Selbstmord.

 

Der Hunno war der frei gewählte Anführer einer germanischen Hundertschaft im Kriegsfall. Er stand bei den Germanen im hohen Ansehen und hatte eine große Gefolgschaft, die ihm treu bis in den Tod folgte. Ihre Position lässt vermuten, dass die Hunni wichtige Aufgaben der Bundesführung übernehmen mussten. Ebenfalls denkbar ist, dass sich aus diesen Hundertschaftsführern eine germanische Eliteeinheit des Bundes entwickelt hat. Man denke in diesem Zusammenhang nur an die Janitscharen des Osmanischen Reiches, die Unsterblichen der Perser oder die Prätorianer der Römer. Allen eilte der Ruf der Unbesiegbarkeit voraus und allein ihre Anwesenheit lähmte den Feind und stärkte die Moral der eigenen Truppen. Sie waren Riesen. Das mittelhochdeutsche Wort hiune oder das niederdeutsche hûne hat die Bedeutung Riese. Diese treuen Hünen wurden stets an den entscheidenden, strategisch wichtigsten Orten eingesetzt, wobei sie Angst und Schrecken unter dem Feind verbreiteten.

 

Mit der Niederschlagung Ermanerichs durch die Hunnen war die innergermanische Ordnung wiederhergestellt und der Weg frei für den zweiten Angriff auf Rom. Er spielte sich ähnlich ab wie 130 Jahre zuvor. Ein Ablenkungsmanöver durch die Alemannen an der Rheinfront leitet 378 die Entscheidung ein. Die Alemannen banden in der Schlacht von Argentovaria wichtige römische Legionen unter Gratian, die dadurch dem römischen Kaiser nicht mehr rechtzeitig beim Hauptangriff durch die Goten an der östlichen Donaufront zur Hilfe eilen konnten. Es folgte die verheerende Niederlage der Römer bei Adrianopel, in der die Goten das römische Heer unter Kaiser Valens vernichtend schlugen. Nach Adrianopel begann die große Landnahme aller germanischen Jungmannschaften, was fälschlicherweise als Völkerwanderung bezeichnet wird. Die Germanen waren ein Bauernvolk und hatten ihre angestammten Landsitze niemals verlassen. Es war nur der Bevölkerungsüberschuss, der traditionell  zu Landnehmerheeren  ausgebildet wurde und dann loszog, um das Land für die nachrückenden Familien in Besitz zu nehmen. Damit erklären sich die zusammengewürfelten Stämme der Goten, Alemannen oder Hunnen.

Die Grenzen an Rhein und Donau wurden überrannt. Auslöser waren die Hunnen.

 

Diese Landnahme erfolgte in den folgenden Jahrzehnten wiederum koordiniert und planmäßig. Nach der Teilung des Römischen Reichs 395 folgte die Einnahme und Besetzung der Länder südlich der Donau. 403 räumten die Goten unter Alarich den Balkan. Dann wandten sie sich Italien zu, was jedoch die ersten Angriffe noch abwehren konnte, indem es Britannien aufgab und die Rheingrenze entblößte. Dies wurde von der Bundesführung genutzt, und weitere germanische Landnehmerheere bestehend aus Alemannen und Vandalen überquerten im Jahr 406 den Rhein und nahmen die Westhälfte des römischen Restreiches in Besitz. Gleichzeitig setzten die Angeln und Sachsen nach Britannien über. Westrom war aber immer noch stark genug, um nicht komplett zusammenzubrechen, unter anderem deshalb, weil die Römer immer noch ihre reichste Provinz Afrika kontrollierten. Die Provinz Afrika war das Herzstück des Römischen Reiches gewesen. Es wurde als Kornkammer bezeichnet und lieferte Jahr für Jahr riesige Einnahmen an das Römische Reich ab. Doch auch dieser Umstand wurde von den Germanen erkannt, und so wurden die Vandalen beauftragt, dieses Gebiet der Kontrolle der Römer zu entreißen. 429 setzten sie nach Nordafrika über und eroberten die Provinz, wobei sie auch die römische Flotte vernichteten. Seiner wichtigsten Provinz beraubt und nun von allen Seiten eingeschlossen, läutete dies das Ende des römischen Westreiches ein. 476 wurde der letzte weströmische Kaiser Romulus Augustulus abgesetzt.

 

Schon während sich die Niederlage Roms abzeichnete, kam es durch die Germanen zu Gründungen von Fürstentümern und Einzelreichen, in denen jeder Stamm sein eigenes Süppchen kochte. Die Interessenkonflikte zwischen der Bundesführung auf der einen und den Fürstentümern und Einzelreichen auf der anderen Seite führten zu immer größeren Spannungen. Außerdem hatte der Bund seinen Sinn, das Vernichten des gemeinsamen Feindes Rom, so gut wie verloren. Das wird auch die Erklärung dafür sein, warum die Hunnen und Germanen mal gemeinsam, dann wieder gegeneinander kämpften. Der germanische Bund begann zu zerfallen und mit ihm verschwanden auch seine Eliteeinheiten, die Hunnen, aus der Geschichte. Auf den Katalaunischen Feldern im Jahre 451 n. Zw. versuchte der letzte Führer des Bundes, Attila/Etzel, mit seinen Hunnen die Gewalt noch einmal an sich zu reißen und den Bund zu retten. Die Schlacht, in der Germanen und Hunnen gegen Germanen und Römer kämpften, endete unentschieden. Es ist davon auszugehen, dass die Römer die abgefallenen Germanenreiche erfolgreich unterstützten. Dieser legendäre Attila blieb den Germanen unvergessen, weshalb man ihm in Liedern ein Denkmal setzte.

 

Fazit der drei Artikel: Bei den Hunnen handelt es sich eindeutig um unterschiedliche Gruppen von Germanen. Ich vermute, dass sie Eliteeinheiten waren, die dafür sorgten die Interessen eines germanischen Bündnisses durchzusetzen. Mit diesem Hintergrundwissen wird selbst die verworrene Zeit der Völkerwanderung erklärbar. Die nachträgliche geschichtliche Dämonisierung und Verteufelung der Hunnen durch die Kirche („Geißel Gottes“) ist ein weiteres Indiz dafür, dass es sich hierbei um den größten Feind Roms gehandelt hat, nämlich den freien germanischen Geist. Es ist davon auszugehen, dass das heutige falsche Geschichtsbild über die Hunnen durch die Römische Kirche, dem Nachfolger Roms, verbreitet wurde. Wer sich mit den massenhaften Fälschungen der katholischen Kirche beschäftigen möchte, dem empfehle ich, sich mit Wilhelm Kammeier oder einfach nur mal mit der Konstantinischen Schenkung zu beschäftigen. Von Rainer Schulz wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass er in der Neuauflage seines Ortsnamensbuch den sehr auffälligen Flurnamen "Katalaunische Felder" bei Eigenrieden im Eichsfeld behandelt. Vielleicht ist dies ein weiterer Baustein zur Entwirrung der hunnischen Geschichte.

 

Nichtsdestotrotz kann man vielen Forschern heute nur Recht geben, wenn sie zu dem Ergebnis kommen, dass es die Hunnen waren, die Ende des vierten Jahrhunderts die Germanen gegen die römischen Grenzen drängten und somit für den Untergang des Römischen Reiches verantwortlich waren. Es ist ausgeschlossen, dass die Vernichtung des Römischen Reiches von einem rückständigen, barbarischen, in Wäldern hausenden, kulturlosen Volk vollbracht worden wäre.

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