ToGü-Verlag
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Da hat sie hundertprozentig recht!

Als Ergänzung und Bestätigung meines letzten Artikels, in dem ich dargelegt habe, dass die Hunnen im Nibelungenlied als Germanen beschrieben werden, möchte ich auf zwei Begebenheiten aus dem Walter Lied, eine Art Vorläufer des Nibelungenliedes, hinweisen. Darin stürzt sich der Westgote Walter mit seinen Hunnen in Keilform in die Schlacht. Der Keil ist bekanntermaßen die typisch germanische Angriffsformation. Nach der siegreichen Schlacht behängen sich Walter und seine Hunnen mit Eichenlaubkränzen. Laut Wikipedia stand das Laub der Eiche bei den Germanen symbolisch für Unsterblichkeit und Standhaftigkeit.

 

Wie sieht es nun mit dem realen Geschichtsbild der Hunnen aus? Finden wir hier weitere Hinweise darauf, dass es sich bei den Hunnen in Wirklichkeit um Germanen gehandelt haben könnte?

 

Laut dem römischen Historiker Jordanes soll das Hunnenvolk in einer Wüste von Hexen und unreinen Geistern gezeugt worden sein. Sie werden von ihm und einem weiteren römischen Historiker, Ammianus Marcellinus, beschrieben. Diese dunkelhäutigen Teufel sollen tierhaft und menschenunähnlich in Sümpfen hinter dem Asowschen Meer gelebt haben. Es wundert also nicht, dass Ihre genaue Herkunft und Ethnizität in der modernen Forschung umstritten ist, bzw. als nicht bekannt angenommen wird. Auch sprachlich lassen sie sich nicht zuordnen.

 

Im 4. Jahrhundert verließen die Hunnen ihre Heimat. Aufgrund ihrer überlegenen, spezialisierten und neuartigen Kriegsführung, verbreiteten sie Angst und Schrecken unter den germanischen Völkern. Diese Panik löste in der Folge die Völkerwanderung aus, die schließlich den Untergang des Römischen Reiches herbeiführte. Die überlegene Kampftechnik der Hunnen stützte sich auf ihre Reitkunst, auf den Reflexbogen und auf neuartige, dreiflüglige eiserne Pfeilspitzen. Die Spezialisierung auf eine Waffenart und die Identifikation damit finden wir oft bei den Germanen. Dies ging manchmal sogar so weit, dass man den Namen der Waffen auf den Stamm übertrug. So benannten sich die Sachsen nach ihrem berühmten Schwert Sax oder die Franken nach ihrer legendären Wurfaxt Franziska. Eventuell ist auch die lange Barde, eine speerähnliche Hieb- und Stichwaffe, der Namensgeber für das Volk der Langobarden.

Das Pferd - seit Jahrhunderten treuer Begleiter der Menschen.

 

Für die überlegene Reitkunst der Germanen finden sich ebenfalls zahlreiche Belege. Beispielhaft verweise ich auf den Kampf von 800 germanischen Reitern gegen 5000 römische aus dem Jahr 55 v. Zw., von dem uns Cäsar berichtet. Trotz großer zahlenmäßiger Unterlegenheit wurden die Römer geschlagen und mussten flüchten.

 

Es bleibt also festzuhalten, dass wir sowohl die Spezialisierung und Verbesserung einer Waffengattung als auch die Reitkunst und die damit verbundene Liebe zum Pferd bei den Germanen finden. Beides hat sich bis in die heutige Zeit erhalten. Die Pferdeliebe spielgelt sich in den vielen in Deutschland gezüchteten Pferderassen und im Pferdesport wieder, und mit deutschen Waffen bringen sich Jahr für Jahr weltweit zigtausende Menschen um.

 

Laut dem Heft „Handreichung für Lehrkräfte“ des Historischen Museums Speyer zu dem Thema „Attila und die Hunnen“ wurden in hunnischen Gräbern Bögen mit Goldblechverzierungen gefunden. Weiterhin kann man darin lesen, dass als Schwerter das Sax und die Spatha benutzt wurden. Die Hunnen trugen verzierte Spangenhelme, die aus vergoldeten Bronzespangen bestanden und durch Eisenplatten zusammengehalten wurden. Schwerter, Helme, Verzierungen etc. setzten den Abbau und Kenntnisse über die Bearbeitung von Metallen voraus. Weiterhin muss es zwingend über Jahrhunderte eine kontinuierliche Entwicklung in der Metallverarbeitung gegeben haben und natürlich auch technische Anlagen. Dass dies ein Nomadenvolk bewerkstelligt, ist quasi nicht möglich. Über die sesshaften Germanen ist dies jedoch bekannt. Man denke nur an den ergiebigen Rammelsberg im Harz oder an den Stellenwert, den ein Schmied bei ihnen gehabt hat.

Die Kunst des Schmiedens spielte sowohl in der germanischen Mythologie als auch alltäglichen Leben eine wichtige Rolle.

 

Die weitere Beschreibung in dem Heft bestätigt im Grunde nur, dass es sich bei den hunnischen Gräbern um bestattete Germanen gehandelt hat. Und so wundert es nicht, dass wir auch in den hunnischen Frauengräbern „Silberfibeln, die das ärmellose Frauengewand oben beidseitig an den Schultern zusammenhielten“, „Edelsteine“, „Spiegel“ und „kostbare Gürtelschnallen“ finden. Das sind alles Gegenstände, die man in germanischen Gräbern auch gefunden hat. Als charakteristische hunnische Ziermotive werden der Lebensbaum und vor allem Adlerköpfe genannt. Den germanischen Lebensbaum Yggdrasil habe ich ja schon öfter erwähnt. Tierornamente von Adlern sind charakteristisch für den aus der Kunstgeschichte bekannten Germanischen Tierstil.

 

Als weiteres typisches Kennzeichen der Hunnen werden zu Kultzwecken verwendete Bronzekessel angeführt. Ein Kesselkult wird wiederum auch den Germanen zugeschrieben. So schicken die Kimbern und Teutonen, über 100 Jahre nachdem sie mit den Römern Krieg geführt hatten, dem römischen Kaiser Augustus als Zeichen der Versöhnung einen heiligen Kessel.

 

Der oströmische Geschichtsschreiber Priskos berichtet von seinem Besuch an Attilas Hof. Nicht nur Attila lädt Priskos zu einem Mahl ein, sondern wie selbstverständlich auch Attilas Frau. Außerdem hat Attila überhaupt kein Problem damit, dass die Frau seines wichtigsten Beraters ihn einfach so aufsucht, um mit ihm zu sprechen. Das sind eindeutige Zeichen für die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Schon Tacitus stellte ja überraschend fest, dass die Germanen auf ihre Frauen hörten und sie nicht, wie es bei anderen Völkern üblich war, unterwürfige Dienerinnen sein mussten. Diese Eigenart konnte in den folgenden Jahrhunderten auch nicht durch die religiöse Unterdrückung der Frau beseitigt werden. Gleichberechtigt stehen Mann und Frau heute wieder erneut nebeneinander.

 

Kommen wir nun zum letzten typischen Hunnenmerkmal, dem Turmschädel. Diese Schädeldeformierung wird durch spezielles Binden des Kopfes ab dem Säuglingsalter erreicht. Der Turmschädel wird laut Wikipedia ethnisch den Hunnen zugeordnet. Auf Spiegel online vom 13.03.2018 erfahren wir, dass die frühesten Belege dafür in Südosteuropa im 2. Jahrhundert gefunden wurden. Das heißt, dass es diese Mode schon 200 Jahre vor dem Auftreten der Hunnen gegeben hat. Sie ist also nicht hunnisch. Diese Schädeldeformationen wurden laut Wikipedia auch in Gräbern der germanischen Goten, Thüringer, Alemannen, Franken, Heruler, Langobarden, Burgundern und Bajuwaren gefunden. „Mittels Isotopenuntersuchungen ließ sich zeigen, dass die Betroffenen meist ortsfest lebten, es handelte sich demnach nicht um Zugewanderte, die etwa durch Ehekontrakte von anderen Stämmen in das Fundgebiet gelangt waren.“ (Wikipedia) Also können wir auch die Turmschädelmode problemlos den Germanen zuordnen.

 

Es bleibt festzuhalten, dass man alles, was man den Hunnen zuweist (Kessel, Metallverarbeitung, Ziermotive, Turmschädel, Kampftechnik, Reitkunst, Gleichberechti-gung von Mann und Frau), um es als asiatisch nomadisches Reitervolk darzustellen, viel plausibler und belegbarer bei den sesshaften Germanen findet. So wundert es nicht, wenn man auf Wikipedia schließlich lesen kann: „Ebenso ist unsicher, ob der Begriff Hunnen eine klar umrissene Gruppe von Stämmen bezeichnete. In der modernen Forschung wird vielmehr oft angenommen, dass der Name eher als prestigeträchtige Bezeichnung für eine heterogen zusammengesetzte Gruppe zu verstehen ist.“ Da hat sie hundertprozentig recht, die moderne Forschung!

 

Nur um was für eine prestigeträchtige, heterogen zusammengesetzte Gruppe mag es sich gehandelt haben? Kennen Sie die Bezeichnung für den germanischen Anführer einer Hundertschaft? Er wird Hunno, im Plural Hunni genannt. Mehr dazu im dritten und letzten Teil über die Hunnen.

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